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Hamburger Kammerkunstverein

Veranstaltungen mit Herz und Hirn.

Lunchkonzert in der Handelskammer Hamburg

Lieder von H. Wolf und R. Strauss


Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1, U Bahn Rathaus


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Lieder von H. Wolf und R. Strauss

Hugo Wolf (1860 - 1903)

Blumengruß (Text: J. W. Goethe)
Gleich und Gleich (Text: J. W. Goethe)
Mignon I (Text: J. W. Goethe)
Frühling übers Jahr (Text: J. W. Goethe)


Richard Strauss (1864 - 1949)

Befreit (Text: R. Dehmel)
Wie sollten wir geheim sie halten (Text: A. Schack)
Ruhe, meine Seele (Text: K. Henckell)
Cäcilie (Text: H. Hart)
Allerseelen (Text: H. Glim)
Heimliche Aufforderung (Text: J. H. Mackay)


Hugo Wolf und Richard Strauss waren gleichermaßen an einem großen Umbruch in der Geschichte der Gattung "Lied" beteiligt. Strauss gab die Intimität und den kammermusikalischen Aspekt des Liedes auf. Symphonisch und opernhaft zu schreiben lag in seiner Natur, er war kein "Kammermusiker" wie die großen Liedkomponisten vor ihm. Seine Lieder konnten ihre ungeheure klangliche Dimension erst in großen Konzertsälen voll entfalten. So ist es kein Wunder, dass er die meisten seiner Lieder selbst orchestriert und damit eine neue Form geschaffen hat: Das Orchesterlied. Diese Gattung wird nach Strauss in der Musikgeschichte noch eine große Rolle spielen, beispielsweise bei Gustav Mahler. Durch seine Nähe zur Oper und zur symphonischen Dichtung entstand bei Strauss eine Art von Liedern, die zwischen dem "romantischem Lied" und der Oper anzusiedeln ist.

Im Gegensatz zu Strauss' orchestralem Klaviersatz schrieb Wolf seine Klavierbegleitungen immer außerordentlich pianistisch. Seine Lieder sind frisch, unkonventionell und haben eine ganz eigentümliche Harmonik. Wolf ging mit Sprache und Textverteilung in einer im Lied bis dahin ungekannten Freiheit um. Typisch für seine Lieder sind die fast rezitativischen Momente, die an Opern Richard Wagners erinnern. So kann es nicht überraschen, dass Johannes Brahms bei der Lektüre der Lieder von Wolf keineswegs beeindruckt war. Wolf wiederum war darüber so beleidigt, dass er fortan als Musikkritiker kein gutes Haar an Brahms ließ. Wolf ist in seiner Art Lieder zu schreiben so neuartig gewesen, technisch scheinbar keiner erkennbaren Tradition verbunden, dass auch er eine neue Epoche im Kunstlied mitauslöste, die Spätromantik, die sicher als eigene Epoche und nicht als aussterbender Appendix der Romantik verstanden werden muss.

Vorbote für diesen Umbruch in der Liedkomposition war der knapp dreißig Jahre ältere Richard Wagner, der sicher die Art zu Singen revolutioniert hatte, aber abgesehen von den Wesendonkliedern keine bedeutenden Kunstlieder hinterlassen hat. Natürlich kannten Strauss und Wolf Wagners Opern gut und waren von ihnen inspiriert, wobei jeder der beiden offensichtlich in formaler und technischer Hinsicht aus verschiedenen Aspekten des Werkes von Wagner für sein eigenes Schaffen schöpfte. Lassen sich bei Strauss große, dramatische Gesten aus einem von Wagner bereits besiegelten Zeitgeist ableiten, so sind es bei Wolf der freie Umgang mit der Melodie und die rezitativiartige Verwendung der Sprache, die ihn mit Wagner verbinden.

Franck-Thomas Link


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