Remigriert euch ins Knie! 💩

Hamburger Kammerkunstverein

Veranstaltungen mit Herz und Hirn.

1. Baustellenkonzert

Anlässlich der Grundsteinlegung des "Haus im Haus" in der Handelskammer laden wir herzlich ein zu einem Konzert auf der Baustelle mit anschließendem Empfang. Der Eintritt ist frei, wir bitten um eine kurze Anmeldung bei Sabine Lurtz, Handelskammer Hamburg, Tel. 36138 547.



Handelskammer Hamburg, Adolphsplatz 1


Felix Mendelssohn Bartholdy,
Variations sérieuses op. 54 d-moll

George Gershwin,
Rhapsodie in Blue

Solofassung für Klavier (1924)


Die „Variations sérieuses“ op. 54 gelten als das bedeutendste Werk für Klavier solo aus Felix Mendelssohn Bartholdys Feder. Das Thema steht im Andante sostenuto und ist wie ein klassischer Streichquartettsatz gebaut. In seufzenden Synkopen und Vorhalten wird der schmerzliche Charakter, der im Verlauf des groß angelegten Stücks trotz verschiedenster Veränderungen weitgehend erhalten bleibt, heraufbeschworen. Über den Titel wurde in der Fachwelt oft diskutiert, wobei unentschieden blieb, ob sich das „sérieux“ (frz. = „ernst) auf den Charakter der Musik bezieht, oder ob es sich um die Variationstechnik an sich handelt. Denn seit Beethoven hatte die Variationstechnik am Bedeutung gewonnen. Abgesehen von wenigen höchst prominenten Variationswerken, wie z.B. Bachs Goldberg-Variationen, galt bis Beethoven die Variationstechnik als eine eher spielerische Möglichkeit, ein Thema von verschiedenen Seiten zu beleuchten. Beethoven hattte sich von dieser „losen Folge“ verabschiedet und seine großen Variationswerke zu fast durchgehend dramaturgisch aufgebauten Gesamtsätzen gemacht. Das bedeutete auch, dass sich nun eine Variation oft aus der Struktur der vorangegangenen ergab, entweder durch weitere Durchführung oder starke Kontrastierung. So wurde für die Variationsform gewissermaßen revolutioniert und war nicht länger eine Spielerei, an der sich Komponisten üben konnten wie etwa Instrumentalisten an Etüden. Man kann also vermuten, dass Mendelssohn seinem Werk auch diesen Titel gegeben hat, um darin schon seine kompositionstechnische Absicht zu erklären, die zweifellos von Beethoven, insbesondere von dessen 32 Variationen in c-moll WoO 80, inspiriert war. Aufgrund der technischen Anforderungen an den Pianisten werden die „Variations sérieuses“ oft bei internationalen Klavierwettbewerben als Pflichtstück ausgewählt. Sie sind gewissermaßen ein Katalog aller Klaviertechniken, die bis zur Entstehungszeit des Werkes existierten.

Franck-Thomas Link


Manchmal führt erst eine List zum gewünschten Erfolg. Paul Whiteman und sein Orchester zählten zu den Mitwirkenden der erfolgreichen Uraufführung von George Gershwins Opernerstling "Blue Monday" am 28. August 1922 im New Yorker Globe Theatre.

Whiteman gefiel nicht nur das Stück, er war auch vom damals 24jährigen Komponisten begeistert. Vor allem von seiner Idee, folkloristische Musik mit Jazz zu verknüpfen und damit auch gleich den Bereich der sogenannten Ernsten Musik zu bereichern. Was lag daher näher, daß Whiteman Gershwin ersuchte, für ihn ein großangelegtes konzertantes Werk "in a jazz idiom" zu komponieren.

Gershwin sah sich dazu vorerst außerstande. Er hatte Musical-Aufträge für den Broadway und London zu erfüllen, fühlte sich Whitemans Anspruch noch nicht genügend gewachsen. Whiteman blieb damit nicht anderes übrig, als zu einer List zu greifen. Anfang Jänner 1924 ließ er in der angesehenen "Herald Tribune" publizieren, daß Gershwin an einem größeren symphonischen Werk arbeite. Whiteman und sein Orchester würden es schon am 12. Februar in der New Yorker Aeolian Hall uraufführen. Gershwin, zuerst über diese Mitteilung einigermaßen verstimmt, nahm schließlich die Herausforderung an und schuf in der ihm verbleibenden kurzen Zeit seine "Rhapsody in Blue".

Die Neugier für die Uraufführung blieb nicht aus. Selbst Strawinsky und Rachmaninow, der Pultvirtuose Leopold Stokowski, die Geiger Fritz Kreisler, Mischa Elman und Jascha Heifetz ließen es sich nicht nehmen, bei diesem Ereignis dabeizusein. Gershwin hatte sich für die freie Form einer Rhapsodie für Soloklavier und sinfonisch besetzte Band entschieden.

Obgleich nicht als Unterhaltungsmusik eingestuft, wurde dennoch die in der Sphäre der sogenannten U-Musik übliche Arbeitsteilung praktiziert: Gershwin war ausschließlich für die Komposition zuständig, die er für zwei Klaviere notierte. Die Instrumentation vertraute man dem bewährten Arrangeur Ferde Grofe an, der das zweite Klavier für Whitemans Band orchestrierte. Den einzelnen Musikern, die in dessen Band spielten und überwiegend wirkliche Jazzer waren, wurden gewisse Soli "auf den Leib geschneidert", so auch der berühmte Klarinettentriller mit nachfolgendem Aufwärtsglissando, das mitreißende Initial der "Rhapsody in Blue".

Allen formalen Schwächen zum Trotz hält sich die "Rhapsody" im internationalen Konzertrepertoire, vor allem wegen des zeitlosen Charmes ihrer eingängigen Melodien, aufgrund der vollendeten Raffinesse der Instrumentation und des brillanten Klaviersatzes, wobei die Solokadenz mit der berüchtigten Repetitionsspielfigur gleichermaßen dem Interpreten wie der Mechanik des Flügels eine perfekte Technik abverlangt. Neben der Version für zwei Klaviere und der für Klavier und Orchester existiert eine von Gershwin selbst arrangierte und pianistisch noch dankbarere Fassung für Klavier allein.

Die geradezu legendär gewordene Uraufführung am 12. Februar 1924 mit Gershwin am Soloklavier wurde von der Presse als Geburt der amerikanischen Musik gefeiert.