Remigriert euch ins Knie! 💩

Hamburger Kammerkunstverein

Veranstaltungen mit Herz und Hirn.

Quintstärke singt Gregorianik


Domkirche St. Marien Hamburg


Josquin Depréz, Missa De Beata Virgine, 1510


Quintstärke Josquin des Prés (1450-1521) gilt als einer der bedeutendsten Meister der so genannten franko-flämischen Vokalpolyphonie, vielen gar als Vollender dieses komplexesten der Musikstile in der Renaissance. Von Josquin, wie er gemeinhin genannt wird, sind 22 Messen überliefert, bei denen die Autorschaft als gesichert gilt. Die Missa De Beata Virgine erschien erstmals im Jahre 1514 im Druck bei Ottaviano Petrucci, dem ersten Notendrucker überhaupt (seit 1501), der in Venedig ein 1513 von Papst Leo X. verliehenes Monopol zum Drucken mehrstimmiger Musik und verschiedener Tabulaturen hatte.

Die Messe ist in den Teilen Kyrie und Gloria für vier Stimmen gesetzt. Diese Sätze lehnen sich melodisch sehr eng an die gregorianische MISSA IN SOLEMNITATIBUS ET FESTIS B.(eata) M.(aria) V.(irgine)., die neunte Messe im Graduale Romanum, an. Vom Credo an ist der Satz dann fünfstimmig. Das Credo hat noch, allerdings bereits sehr viel freiere, melodische Bezüge zum Credo II im Graduale Romanum. Das Sanctus und Agnus Dei sind in ihrer melodischen Substanz dann dem gregorianischen Melos frei nachempfunden.

Es ist vor allem diese ebenso freie wie virtuose Handhabung des gregorianischen Chorals, die im engen Verbund mit der diesen Stil prägenden kanonischen Setzweise zu dem ausdrucksstarken Charakter des Werkes beiträgt. Ein weiteres Charakteristikum der Messe ist, dass jeder Messteil in einer anderen Kirchentonart steht. Gerade dieser Umstand hebt das Werk auffällig ab von der beinah hermetischen Geschlossenheit späterer Messen wie der berühmten „Pange Lingua“ oder „Da Pacem“.

Wenn sehr viel spätere Generationen von Musikern Josquin als ersten „Ausdrucksmusiker“ zu bezeichnen sich veranlasst fühlten, dann ist die vorliegende Marienmesse sicher ein besonders geeignetes Objekt diese These zu bestätigen.

(René Mense)

Das Konzert gestaltet das Vokalensemble Quintstärke gemeinsam mit der Schola Gregoriana der Domkirche St. Marien unter Leitung von Eberhard Lauer.


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