Remigriert euch ins Knie! 💩

Hamburger Kammerkunstverein

Veranstaltungen mit Herz und Hirn.

279. Lunchkonzert in der Handelskammer Hamburg

Trios von Glinka und Poulenc


Handelskammer Hamburg, Börsensaal, Adolphsplatz 1, U Bahn Rathaus


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Michail Iwanowitsch Glinka,
Trio Pathétique

Allegro moderato
Scherzo Vivacissimo
Largo
Allegro con Spirito

Francis Poulenc,
Trio für Oboe, Fagott und Klavier

Lent - Presto
Andante con moto
Très vif


Sein „Trio Pathétique“ veröffentlichte Michail Glinka bereits als 23-Jähriger. Es ist ursprünglich für Klarinette und Fagott konzipiert, wurde allerdings auch schon zu Glinkas Lebzeiten in anderen Besetzungen aufgeführt, z.B. und Violine und Violoncello an Stelle der Bläser oder auch für Fagott und Violoncello. Als Sohn eines Adeligen aus einem Dorf bei Smolensk wurde Michail Glinka 1817 in eine Spezialschule für Adelige in St. Petersburg geschickt, wo er Klavierunterricht bei dem irischen Komponisten John Field erhielt. Hier begegnete Glinka auch Johann Nepomuk Hummel. Der Einfluss dieser beiden Klaviervirtuosen auf die Klavierpartie des Trio Pathétique ist ganz offensichtlich. Insbesondere im zweiten und dritten Satz begegnen uns im Klavier virtuose Verzierungen und Umspielungen, die bereits auf Chopin hindeuten. Glinka wurde durch seine Oper „Ein Leben für den Zaren“, der ersten russischsprachigen Oper überhaupt, zum Begründer der Russischen Nationalmusik. Neben der russischen Volksmusik war er von der westeuropäischen Musik, insbesondere der italienischen Oper, beeinflusst. Auch dies ist im Trio zu hören. Besonders im langsamen Satz klingen manche Melodien beinahe wie Rossini. Drei Jahre nach Entstehung des Trios machte Glinka eine dreijährige Reise nach Italien, auf der er die italienische Musik noch genauer studierte und Bekanntschaft mit westeuropäischen Musikern wie Bellini, Donizetti und Mendelssohn machte. Nach seinem Italienaufenthalt reiste er weiter nach Berlin, wo er sein Musikstudium bei Siegfried Dehn abrundete. Durch Glinkas Liebe zur westeuropäischen Musik wirkt seine Musik oft wie ein Kongomerat verschiedener musikalischer Muttersprachen, sie ist einerseits typisch russisch, andererseits äußerst kosmopolitisch.


Das Trio für Oboe, Fagott und Klavier von Francis Poulenc (1899-1963) ist das Werk eines Jugendlichen, es entstand im Jahr 1920. Paris war in dieser Zeit eine der wichtigsten Musikmetropolen. Der vor allem von Debussy und Ravel getragene Impressionismus hatte seine Hochzeit, aber auch Einflüsse aus Russland waren im Pariser Musikleben allgegenwärtig. Igor Strawinski feierte große Erfolge und Skandale. Ähnlich wie in Deutschland, wo es kampfähnliche Konfontationen zwischen bestimmten musikalischen Strömungen gegeben hatte - etwa die Traditionalisten rund um Brahms und Schumann versus Liszt und Wagner - konnten in den frühen 20er Jahren in Paris die vielen verschieden Musiker es nicht lassen, sich gegenseitig zu kritisieren, bekämpfen, abzulehnen oder auch zu akzeptieren. So gehörte Francis Poulenc zu einem Kreis von Komponisten, die sich „Le groupe des Six“ nannte. Zu dieser Gruppe gehörten u.a. Eric Satie, Arthur Honegger und Darius Milhaud. Die Komponistengruppe existierte im direkten Wirkungskreis Jean Cocteaus, der auch das Libretto zu Poulencs letzter Oper, „La vois humaine“ („Die menschliche Stimme“) lieferte. Die „Groupe des Six“ verschrieb sich einer „neuen Einfachheit“ und hatte zum Ziel, dem komplizierten, überfrachteten Impressionismus entgegenzuwirken. Den Ausdruck und die kompositorische Technik, die Poulenc bereits in seinem Trio von 1920 gefunden hatte, wurde von seinen Zeitgenossen als das „vielleicht Eigenwilligste und Unerschöpflichste, das es seit langer Zeit in Frankreich gegeben hat“ gefeiert. Albert Roussel schrieb an einen Verleger: „Poulenc gehört sicherlich zu den Begabtesten der ganz Jungen, und Sie können sicher sein, daß ich nur Gutes über ihn erzählen werde.“ Poulencs liebte Holzblasinstrumente gabz besonders, auch später noch schriebt er zahlreiche Kammermusiken für Bläser, darunter Sonaten mit Klavier für Flöte (1950), Karinette (1962) und Oboe (1962, sein letztes Werk).


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