Hamburger Kammerkunstverein

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Feierabendkonzert im Oberhafen

Saerom Park, Violoncello; Franck-Thomas Link, Klavier

Zwei Komponisten finden in dunklen Zeiten im Violoncello einen Verbündeten.

Johannes Brahms versucht 1862 in Wien einen Neuanfang. Dmitri Schostakowitsch ahnt 1934, dass die sowjetische Kulturpolitik ihn in große Schwierigkeiten bringen wird.

Sowohl Brahms als auch Schostakowitsch nutzen die Tradition als Schutzschild: Alte Formen werden zu Gefäßen für gefährliche Inhalte.



Tickets: 18 € im Online-Vorverkauf, 23 € an der Abendkasse, Mitglieder: 9 €

Wir freuen uns, Ensemble in Residence in der Halle 424 zu sein.


Halle 424, Stockmeyerstraße 43, Tor 24, 20457 Hamburg


Halle 424


Johannes Brahms,
Sonate für Violoncello und Klavier Nr. 1 e-moll op. 38

Allegro non troppo
Allegretto quasi Menuetto
Allegro

Dmitri Schostakowitsch,
Sonate für Violoncello und Klavier d-moll op. 40 (1934)

Allegro non troppo
Allegro
Largo
Allegro


Die großen Cellosonaten von Beethoven, Schubert oder Brahms sind Ausdruck der Blütezeit des bürgerlichen Konzertlebens. Das unbekannte Selbst faszinierte den Bürger. Die Seele des genialen Künstlers trug heroische Menschwerdungskämpfe aus. Der dunkle Ton des Violoncellos verlieh kaum geahnten Empfindungen des Künstlers Ausdruck. Der Gesang des Cellos rührt „auf tiefer, unergründlicher Ebene an unser Gefühl“, sagte der Geiger und Dirigent Yehudi Menuhin. Und tatsächlich kommt der Klang des Violoncellos dem der menschlichen Stimme sehr nahe.

Die e-moll-Sonate für Violoncello und Klavier op. 38 von Johannes Brahms entstand in zwei Etappen. Sie ist die erste der beiden Sonaten, die Brahms für diese Gattung schrieb. Die ersten drei Sätze Allegro, Adagio und Allegretto entstanden 1862 in Bad Münster am Stein und in Hamburg-Hamm, das damals noch ein Dorf weit vor den Toren Hamburgs war. Das Finale komponierte Brahms erst drei Jahre später in Baden-Baden. Ursprünglich war die Sonate viersätzig, Brahms entfernte jedoch vor der Veröffentlichung das Adagio. Möglicherweise fürchtete er, die Sonate könnte zu lang werden. Leider vernichtete er diesen langsamen Satz wahrscheinlich, so wie viele seiner Kompositionen, die er nicht veröffentlichen wollte. Die Uraufführung des Werkes fand erst 1871 statt. Ein Grund hierfür könnte sein, dass Brahms‘ Name zum Entstehungszeitpunkt der Sonate noch keineswegs etabliert war. Seine großen Erfolge traten erst mit der Aufführung des Deutschen Requiems und der Ungarischen Tänze in den Jahren 1868 und 1869 ein.

Beethovens Cello-Sonaten gelten gemeinhin als Grundlage dieser Gattung, die sich, ausgehend von den brahms‘schen Kompositionen in der europäischen Romantik, bis zur Moderne umfangreich weiterentwickelte. Natürlich war sich Brahms seiner Rolle als Nachfolger Beethovens bewusst. Mit Sicherheit hat er Beethovens Cello-Sonaten gründlich studiert und sie, als ausgezeichneter Pianist, selbst aufgeführt. Brahms hatte ein differenziertes Verhältnis zur Tradition, weshalb es nicht verwundert, dass der erste Satz der e-moll-Sonate an Beethovens Cello-Sonate op. 69 erinnert, während sich im Finale Verbindungen zu Bachs Kunst der Fuge erkennen lassen.

Franck-Thomas Link


Im August 1934 proklamierte der Erste Sowjetische Schriftstellerkongress offiziell den sozialistischen Realismus als Staatsdoktrin. Kunst sollte „sozialistisch im Inhalt und realistisch in der Form" sein. Lenin hatte gefordert, proletarische Kultur müsse „die logische Entwicklung des Wissensschatzes sein, den die Menschheit unter dem Joch der kapitalistischen Gesellschaft angesammelt hat". Tradition war plötzlich nicht mehr verpönt, sondern offiziell erwünscht.

Genau in diesem Jahr schrieb Schostakowitsch seine Cellosonate. In Artikeln von 1934 und 1935 bekannte er sich noch offen zu seinen Einflüssen: „Berg, Schoenberg, Krenek, Hindemith und besonders Stravinsky". Die Sonate entstand in wenigen Wochen während seiner Ehekrise – ein spontaner künstlerischer Ausdruck zwischen persönlicher Turbulenz und kulturpolitischem Wandel.

Musikalisch zeigt das Werk Schostakowitschs strategische Intelligenz im Umgang mit den neuen Anforderungen. Nach seinen experimentellen Jugendwerken kehrt er zu traditionellen Formen zurück – viersätzig, mit klassischen Reprisen, scheinbar konservativ-romantisch. Doch diese neue „Einfachheit" wird zum Vehikel für komplexe Inhalte. Der erste Satz kontrastiert ernste intellektuelle Energie mit ausdrucksvoller Zartheit – romantische Tradition mit modernistischen Harmonien. Das scherzhafte Allegro verbindet industrielle Dynamik mit spielerischen Dialogen. Das Largo entfaltet eine langgestreckte, brütende Kantilene von fast Schubertschem Charakter, während das Finale zwischen athletischem Hauptthema und grotesken Episoden oszilliert.

Die Sonate wurde – im Gegensatz zu späteren Werken – nie unterdrückt. Vielleicht weil Kammermusik weniger verdächtig schien als Oper, vielleicht weil die traditionelle Oberfläche ihre Funktion erfüllte. Es war das letzte Kammermusikwerk eines Komponisten, der noch die modernistische Avantgarde als Einfluss nennen durfte – zwei Jahre später würde der verheerende Pravda-Artikel „Chaos statt Musik" sein Leben für immer verändern.



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Reservierung über tickets at antispam-dies-bitte-entfernen kammerkunst punkt de und +49 40 31796940.

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